Ketamin
- Rezeptpflichtiges Medikament (Ketalar®)
- Ketamini hydrochloridum
- Erstsynthese 1962, Zulassung als Narkosemittel 1970 (USA; Anästhesiemittel im Vietnamkrieg)
- Narkosemittel, das zu dissoziativen Zuständen und Wachträumen führt
Klassifikation
- Dissoziativum, Narkotikum, Halluzinogen
Szenenname
- "Special K", "k+k" (Mischung aus Kokain und Ketamin)
Epidemiologie
- Inzidenzzahlen nicht bekannt
- Konsum gehäuft bei MSM-Sextreffen (ChemSex)
- Bezug meist via Internet, oft deklariert als Anästhetikum für veterinärmedizinischen Gebrauch
Wirkmechanismus
- Ketamin bewirkt eine sogenannte dissoziative Anästhesie; diese soll durch eine funktionelle Entkopplung des thalamocorticalen vom limbischen System entstehen.
- Die Substanz wirkt auf cerebrale Neurotransmitter, interagiert mit muskarinisch cholinergen Rezeptoren und mit cerebraler Acetylcholinesterease.
- Eine analgetische Wirkung tritt bereits bei subdissoziativen Dosen auf und überdauert die Anästhesie; diese beruht wahrscheinlich auf eine Interaktion mit dem biogenen Amin- und dem endogenen Opiat-System.
- Die sedativen und hypnotischen Eigenschaften von Ketamin sind dagegen weit weniger ausgeprägt; Ketamin hat antikonvulsive Eigenschaften.
- Aufgrund einer sympathikotonen Wirkung führt Ketamin zu einem Anstieg von Blutdruck und Herzfrequenz; der Muskeltonus ist unter Ketalar-Anästhesie erhalten oder gesteigert, so dass die Schutzreflexe im Allgemeinen nicht beeinträchtigt werden.
- Nach Ketamingabe wird eine mässige Hyperventilation beobachtet ohne wesentliche Beeinträchtigung der Blutgase; an der Bronchialmuskulatur übt Ketamin einen relaxierenden Effekt aus.
- Seit 2019 in CH auch zur Behandlung therapieresistenter Depressionen zugelassen (Nasenspray, Spravato®, Abgabekategorie A, beachte Limitatio).
Verkaufsform (Galenik)
- Weisses, kristallines Pulver oder als Flüssigkeit
Konsumform / durchschnittliche Dosis / Mischkonsum
- Oral, nasal und intramuskulär, selten intravenös injiziert
Beispiele für gefährliche Kombinationen mit anderen Substanzen
- Alkohol --> Gefahr des Atemstillstandes
- Opioide --> Gefahr des Atemstillstandes
- GHB/GBL --> Gefahr des Atemstillstandes
- "Uppers" (z.B. Kokain, Amphetamin) = Dehydration und Wärmestaugefahr
Pharmakokinetik
Substrat von CYP3A4, gering CYP2B6 und CYP2C9 | |||||
Biologische Verfügbarkeit | Max. Plasmaspiegel | Halbwertszeit | Aktive Metaboliten | Wirkdauer (dosisabhängig) | Elimination |
Nach i.m. 93%, oral 17%, sublingual 33%, intranasal 25 - 50% |
i.m. 15' |
10 - 15' | Norketamin |
30' - 3h ** |
Hepatischer Abbau -> renale Ausscheidung |
*Angaben für p.o. Einnahme fehlen; ** Wirkung als Designerdroge
Eigenschaften / Wirkungen
- "Wachtraum"-Zustände
- Veränderung der Sinneswahrnehmungen bis hin zu Halluzinationen
- Auftreten von Derealisationsphänomenen (z.B. Veränderung von Raum-Zeit-Empfinden, bruchstückhaften Auflösung der Umwelt) und Depersonalisationsphänomenen (z.B. bei höheren Dosierungen kann es zur Loslösung vom eigenen Körper und zur Ich-Auflösung kommen bzw. zu einer Verschmelzung des Ichs mit der Umgebung)
- Partielle bis vollständige Herabsetzung der Schmerzempfindlichkeit
- Verminderte motorische Fertigkeiten
Safer-Use Empfehlungen
- Ketamin ist keine Partydroge! Nimm Ketamin nicht allein und achte auf eine möglichst vertraute und angenehme Umgebung. Plane genügend Zeit ein, um danach den Trip in Ruhe verarbeiten zu können.
- Dosiere vorsichtig. Geringe Dosisunterschiede können erhebliche Wirkungsunterschiede hervorrufen, deshalb ist die Dosierung schwierig.
- Siehe auch Safer-Use Empfehlungen
Drug checking möglich?
- Ja (Stereochemie: S- oder R-Ketamin kann nicht bestimmt werden)
Interaktionen
- Wird Ketamin gleichzeitig mit anderen ZNS-dämpfenden Arzneimitteln und Wirkstoffen angewendet (z.B. Aethanol, Anxiolytika, Sedativa, Hypnotika, Phenothiazine, sedierenden H1-Blockern oder Skelett-Muskelrelaxantien) kann dies die ZNS Sedierung potenzieren und/oder das Risiko für eine Atemdepression erhöhen.
- Insbesondere bei Kombination mit Benzodiazepinen oder Neuroleptika, kommt es zu einer Verlängerung der Wirkungsdauer von Ketamin; so ist beispielsweise bekannt, dass Diazepam die Halbwertszeit von Ketamin erhöht.
Unerwünschte Wirkungen während/nach Konsum
- Gedankenabreissen, Kommunikationsstörungen und verwaschene Sprache, Verwirrtheit, Alpträume, Ängstlichkeit bis hin zu Angststörungen, Nahtoderfahrungen, Schwächeempfinden
- Hypertonie, Tachykardie
- Nach dem Trip "Blackouts": Benommenheit, Erinnerungen an das Erlebte sind oft nur mehr teilweise möglich ("K-Hole")
- Depressive Verstimmungen
- Psychische Abhängigkeit
- Koordinationsstörungen, Schwindel, Bewegungsunfähigkeit bis zu Lähmungserscheinungen --> hohe Unfallgefahr durch Stürze
- Appetitlosigkeit, Nausea
- Toleranzbildung (da der Körper sich an das Ketamin gewöhnt, besteht bei Konsumenten die Neigung die Ketamindosis zu erhöhen, um eine annähernd gleiche Wirkung wie bei vorausgehenden Anwendungen zu erzielen)
- Funktionsstörungen im Hirn (Beeinträchtigungen in den kognitiven Funktionen: bei der Wahrnehmung, beim Lernen und beim Abspeichern der Informationen (Gedächtnis)
Symptomatik Überdosierung / red flags
- Atemdepression (v.a. bei intravenösem Konsum)
Therapie Überdosierung
- siehe Notfallmassnahmen
Schwangerschaft / Stillzeit
- Ketamin ist als Narkosemittel unzureichend auf reproduktionstoxische Eigenschaften geprüft und man verfügt über keine kontrollierten Studien bei schwangeren Frauen
- Ketamin ist plazentagängig und findet sich rasch im Plasma des Fetus wieder
- Es liegen keine Studien zum Übertritt von Ketamin in die Muttermilch vor; Ketalar soll daher in der Stillzeit nicht angewendet werden
Strassenverkehr / Nachweisbarkeit
- Strassenverkehr
- siehe Strassenverkehr
- Nachweisbarkeit
- Bei forensischer Fragestellung Nachweis durch eine Blutentnahme (z.B. nach Verkehrsunfall mit Amnesie) oder durch Haaranalyse
- siehe auch Nachweisbarkeit