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Langzeit-Opioidagonistentherapie

Voraussetzungen

  • Alle notwendigen Schritte der Ersteinstellung sind gemacht.
  • Im Falle einer komplexen OAT ist die Zusammenarbeit mit einer geeigneten Suchtfachstelle eingeleitet.

Ziel der Behandlung

  • Häufig ist die Patientin oder der Patient erst nach einer ersten Stabilisierung in der Lage, Ziele zu formulieren, z.B.:
    • Ist-Zustand halten
    • Ausbildung abschliessen
    • Berufliche Reintegration
    • Klärung sozialer Fragen (Familie, Beziehungen, Beruf, Schulden)
    • Leben in Selbständigkeit
    • Abklärung und Behandlung somatischer Leiden
    • Abklärung und Behandlung psychischer Störungen
    • Neue Ziele sollen in der Behandlungsvereinbarung festgehalten werden.

Finden der individuellen Methadon Dosis

  • Die übliche Erhaltungsdosis liegt bei 60 – 120 mg pro Tag
  • Bei zu geringen Dosen (insbesondere 60 mg/Tag) kann die Gefahr bestehen, dass der Beikonsum von Heroin und/oder anderen psychotropen Substanzen ansteigt.
  • Anhaltender Beikonsum erfordert die Überprüfung der korrekten Einnahme (Compliance), der Dosierung (fast metabolizer) und ob die aktuelle Behandlung geeignet ist.
  • Allerdings steigt ab einer Dosis von über 120 mg pro Tag das Risiko kardialer Nebenwirkungen (QT - Verlängerung). In solchen Situationen evtl. Ratschlag eines suchtmedizinisch erfahrenen Arztes einholen, via Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein..
  • Wechsel auf Buprenorphin oder SROM ins Auge fassen oder alternative Behandlungsmöglichkeiten in Erwägung ziehen (z.B. heroingestützte Behandlung, spezialisiertes Zentrum für OAT, abstinenzorientierte Behandlung)

Finden der individuellen Levomethadon-Dosis

  • Die übliche Erhaltungsdosis liegt bei 30-40 mg pro Tag, wobei auch niedrigere Dosierungen ausreichend bzw. hohe Dosen über 60 mg einmal täglich nötig sein können. Anhaltspunkte hierfür sind subjektive und objektive Entzugssymptome bzw. Aussagen der Patientin oder des Patienten bezüglich Wohlbefinden und Stabilität.
  • Bei niedrigen Dosen kann die Gefahr bestehen, dass der Beikonsum von Heroin und/oder anderer psychotroper Substanzen ansteigt.
  • Bei anhaltendem Beikonsum ist die Überprüfung der korrekten Einnahme sowie der Höhe der aktuellen Dosierung angezeigt. Zudem sollte überdacht werden, ob die aktuelle Behandlung weiterhin sinnvoll und geeignet ist.

Finden der individuellen Buprenorphindosis

Finden der individuellen SROM Dosis

Abgabe des Opioidagonisten

  • Bei Abgabe in der Praxis:
  • Bei Abgabe in der Apotheke:
    • Abgabe Apotheke festlegen
    • Apotheke orientieren
      • Rezept schreiben (Rezeptur Methadon)
      • Gültigkeit des Rezeptes zeitlich begrenzen
      • nächsten Termin vor Ablauf des Rezeptes bei der Ärztin oder beim Arzt festlegen
      • neues Rezept erst nach Gespräch am abgemachten Termin schreiben

Information an die Patientin/den Patienten

  • Die Patientin oder den Patienten darauf aufmerksam machen, dass er bei Spitalaufenthalten oder Konsultationen bei anderen Ärztinnen und Ärzten wegen allfälliger Interaktionen den Konsum von Methadon angeben muss. Siehe auch Infoblatt an die Patientin/den Patienten:

  • Buprenorphin
  • Levomethadon
  • Methadon
  • SROM

Beziehungsarbeit

  • Die lange Dauer einer OAT erlaubt es der Hausärztin oder dem Hausarzt, mit der Patientin oder dem Patienten eine tragfähige Beziehung aufzubauen und sie resp. ihn durch gute und schlechte Zeiten geduldig zu begleiten. Die Hausärztin oder der Hausarzt kann mit zunehmender Berufserfahrung die Balance zwischen Konsequenz und Humanität finden. Siehe auch "Empfehlungen zum Beratungssetting in Opioidagonistentherapien".
  • Zur Beziehungsarbeit gehört auch die Berücksichtigung spezifischer Aspekte wie z.B. Gender, Migrationshintergrund, etc., welche die Behandlung beeinflussen können, vgl. Interkulturalität.

Typische Ereignisse während einer Langzeitbehandlung

  • Erst im Verlauf einer Behandlung kann sich eine psychische Komorbidität und eine schwierige soziale Situation (Schulden, Arbeitslosigkeit) deutlicher zeigen.
  • Andererseits können durch hohe Dosen des Opioidagonisten schmerzhafte somatische Probleme (Zähne, Abdomen!) verdeckt bleiben.
  • Frauen sind unter illegalem Opioidkonsum oft amenorrhoisch. Unter OAT normalisiert sich der Zyklus häufig. Deshalb und wegen des Infektionsschutzes muss die Verhütung angesprochen und in geeigneter Weise geregelt werden.
    • Wenn nötig besprechen mit:
      • erfahrenen Kollegen
      • Gynäkologen
      • Suchtfachstelle
      • oder Anfrage bei Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
  • Patientin/Patient braucht auffallend hohe Dosen. Ursache suchen, zum Beispiel:
    • Patientin/Patient will/braucht 'Scheibe'
    • Schlafstörungen
    • bei anstrengender körperlicher Tätigkeit kann eine höhere Dosis nötig werden
    • fast metabolizer
    • der Opioidagonist wird nicht selbst konsumiert, sondern auf den Schwarzmarkt gebracht
    • bleibt die Situation unklar, Anfrage z.B. bei Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
  • Patientin/Patient wünscht tiefere Dosierung
    • Nach unangenehmen Nebenwirkungen fragen:
      • Obstipation
      • Übelkeit
      • Appetitlosigkeit
      • starkes Schwitzen
      • immer müde
    • Nebenwirkungen ernst nehmen, Abklärung anderer Ursachen (Schlafstörung, Anämie, Infekt, Depression), Abhilfe schaffen (z.B. Laxantien).
    • Umstellung auf LevomethadonBuprenorphin oder SROM erwägen (Ratschlag eines suchtmedizinisch erfahrenen Arztes einholen, via Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein. oder nächster Suchtfachstelle)
    • Paradoxerweise kann es sich dabei auch um den Wunsch nach Wiederaufnahme von Beikonsum handeln. Die Wirkung von Heroin verstärkt sich bei einer niedrigen Dosierung des Opioidagonisten.
  • Verlaufskontrollen
    • Sollen regelmässig stattfinden, man orientiert sich an der aktuellen Situation, einmal wöchentlich bis einmal im Monat
    • Wichtig sind zudem Rückmeldungen der MPA oder der Apotheke
    • Die fälligen Bewilligungen müssen fristgerecht beim Kantonsarztamt eingeholt werden
  • Standortbestimmungen
  • Kontrolle der Abstinenz
    • Im Verlaufe der Behandlung soll ein eventueller Beikonsum anderer Substanzen thematisiert werden. Selbstangaben der Patientinnen und der Patienten sind in der Regel genügend zuverlässig, wenn auf Grund des Beikonsums keine Sanktionen drohen. Systematische Urinproben bringen nur geringe zusätzliche Erkenntnisse und sind deshalb als Routineuntersuchung nicht empfehlenswert.
    • Patientinnen/Patienten mit dem bestehenden Wunsch, ohne Beikonsum zu leben, können unangemeldete Urinproben als Unterstützung zur Zielerreichung erleben. Dies sollte immer in Absprache mit der Patientin oder dem Patienten erfolgen.
    • Resultate der Urinkontrollen sollten anschliessend mit der Patientin oder dem Patienten besprochen werden.
    • Positive Urinproben sind kein Grund, eine OAT abzubrechen, sollten aber Anlass sein, eine Klärung der Ursachen anzustreben.
  • Rückfälle
    • gehören zur Suchtkrankheit (Rückfall / Vorfall)
    • müssen ernst genommen, aber nicht dramatisiert werden
    • allenfalls höhere Dosis anstreben
  • Stabilisierungsphase
    • Die Erreichung der Abstinenz soll gelegentlich thematisiert werden. Unrealistische Hoffnungen der Patientinnen und der Patienten an die Abstinenz bedürfen der Relativierung, nicht selten muss davon abgeraten werden.
    • Wenn die Situation stabil ist und es der Therapiestand erlaubt, können Veränderungen diskutiert werden:
      • Anzahl der Abgaben des Opioidagonisten pro Woche reduzieren (jeden 2.Tag, 2x pro Woche, 1x pro Woche). Die Mitgabe des Opioidagonisten kann den Behandlungserfolg verbessern (gesetzliche Limiten siehe Kant. Verordnungen).
      • Diese Veränderungen sollen dem Therapiestand angepasst sein und können bei Unsicherheiten wieder angepasst werden.
    • Die Erhaltung oder Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit ist ein übergeordnetes Ziel der OAT und soll von der Ärztin oder vom Arzt unterstützt werden.
    • In dieser Phase kommt auch häufig der Wunsch nach Wiedererlangung des Fahrausweises auf. Das Strassenverkehrsamt legt die Bedingungen der Fahrtauglichkeit fest. Oft löst dies einen Motivationsschub aus, Beikonsum anderer psychotroper Substanzen zu stoppen oder eine OAT auszuschleichen (was keine Bedingung sein muss) siehe auch ambulanter Entzug.
    • Ferienaufenthalte im In- und Ausland sind unter Rücksichtnahme bestimmter Vorgaben möglich und sollten bei erlangter Stabilität unterstützt werden. Siehe dazu unter Reisen/Ferien.
    • Die OAT kann auch in einem strafrechtlichen Massnahmevollzug oder in einer stationären Suchttherapie fortgesetzt werden.

Beendigung einer OAT

 

Impressum

 

- Im Verlaufe der Behandlung soll ein eventueller Beikonsum anderer Substanzen thematisiert werden. Selbstangaben der Patienten sind in der Regel genügend zuverlässig, wenn auf Grund des Beikonsums keine Sanktionen drohen

- Systematische Urinproben bringen nur geringe zusätzliche Erkenntnisse und sind deshalb als Routineuntersuchung nicht empfehlenswert