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Fallvignette

Kokainkonsumreduktion mit MPH

Eine Kokainkonsumentin / Ein Kokainkonsument fragt, ob mit Ritalin® der Kokainkonsum reduziert werden kann.

Die Patientin oder der Patient anerkennt mit dieser Frage ein Problem mit dem Kokainkonsum und macht sich schon Gedanken über Wege der Veränderung. Dies ist ein positiver Schritt und die Patientin oder der Patient sollte angemessen unterstützt werden. In diesem Falle lohnt es sich, die Patientin oder den Patienten sachlich über den Nutzen des Einsatzes von MPH bei Kokainkonsumstörungen und die bestehenden therapeutischen Möglichkeiten zu informieren.

  • Randomisierte kontrollierte Studien haben bislang keine Evidenz dafür geliefert, dass Ritalin® und andere MPH-haltige Medikamente den Konsum von Kokain signifikant beeinflussen.
  • Deshalb sind MPH-haltige-Medikamente auch nicht für die Behandlung einer Kokainkonsumstörung zugelassen.
  • Dies ist auch plausibel erklärbar: Obschon MPH und Kokain viele Ähnlichkeiten im neurochemischen Wirkprofil und in der Pharmakokinetik aufweisen, vermag die orale Einnahme von MPH in einer zugelassenen Dosierung die euphorigene Wirkung von parenteral konsumiertem Kokain nicht ausreichend zu simulieren oder zu „blockieren“.
  • Falls bei einer Patientin oder einem Patienten neben der Kokainkonsumstörung aber ein adultes ADHS vorliegt, könnte der Einsatz von MPH-haltigen Medikamenten hilfreich sein, wie Studien belegen.
  • Da die Prävalenz für ein adultes ADHS unter Kokainkonsumierenden um ein Mehrfaches höher ist als in der Allgemeinbevölkerung, fragen Sie entsprechend nach.
  • Bei Verdacht auf ein ADHS macht eine Überweisung an eine Fachärztin oder einen Facharzt Sinn, denn hier kann eine sorgfältige, umfassende differenzialdiagnostische Abklärung erfolgen und er Patient im Falle eines adulten ADHS die notwendige Therapie erhalten.
  • Wenn sich die Patientin oder der Patient weiter mit seinem Kokainkonsum und mit Wegen der Veränderung auseinandersetzen will, kann dies die regionale Suchtfachstelle übernehmen.
  • Nach heutigem Wissenstand gelten bei Kokainkonsumstörungen verhaltenstherapeutische Ansätze als Therapie der ersten Wahl.

Siehe dazu auch ein Review-Artikel von Kenneth M. Dürsteler et al.

 

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